Klimaschutzgesetz 2.0: Wird jetzt alles besser?

Ein Beitrag von Emilie Kleinheinrich (Praktikantin des fesa e.V.)

Nachdem am 29.04.21 das Bundesverfassungsgericht beschlossen hatte, dass das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung von 2019 gegen die Verfassung verstößt, da es die Freiheitsrechte der nächsten Generation einschränken wird, hat die Bundesregierung am 12.05.2021 einen neuen Gesetzesentwurf veröffentlicht. Mit dem neuen Gesetz möchte die Regierung die Klimaschutzvorgaben verschärfen und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankern. Zusätzlich wurde ein Sofortprogramm angekündigt, um die ambitionierten Ziele zu unterstützen.

Was sind die konkreten Änderungen?

Das neue Gesetz sieht vor, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65% anstatt wie bisher geplant um 55% gesenkt werden sollen, bis 2040 um 88% und so letztlich bis 2045 statt 2050 Klimaneutralität erreicht werden soll. Die Werte orientieren sich am Stand der Treibhausgas-Emissionen von 1990. Dazu sollen die zulässigen jährlichen CO2-Emissionsmengen für einzelne Sektoren wie Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr oder Gebäudebereich abgesenkt werden.

Im Detail wurden die jährlichen Minderungsziele pro Sektor für die Jahre 2023 bis 2030 festgelegt und auch die jährlichen Minderungsziele für die Jahre 2031 bis 2040, jedoch nur allgemein und noch nicht pro Sektor, das soll dann 2024 geschehen. Spätestens 2032 sollen die allgemeinen jährlichen Minderungsziele für die letzte Phase bis zur Treibhausgasneutralität von 2041 bis 2045  besprochen werden und 2034 dann pro Sektor.  

Wie sollen die verschärften Ziele umgesetzt werden?

Ergänzend zu dem neuen Klimaschutzgesetz hat die Bundesregierung eine Erklärung zum „Klimapakt Deutschland“ verabschiedet. Um die neu beschlossenen Ziele zu erreichen, seien zahlreiche unterstützende Maßnahmen in den verschiedenen Sektoren notwendig. Zu den Maßnahmen gehören Anreize, Regeln und Förderungen aus dem Bundeshaushalt. Ein wichtiges Instrument hierbei sei die Co2-Bepreisung, da die Co2-Preise Anreize setzen würden, in klimafreundliche Technologien zu investieren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei ein weiterer wichtiger Punkt. Dieser soll beschleunigt und vereinfacht werden.

Um die Fortschritte zu überprüfen, soll es einen jährlichen Check geben, ob sich die einzelnen Sektoren noch auf dem Ziel-Pfad befinden. Sei dies nicht der Fall, so könne zwischen den Sektoren ausgetauscht werden oder Sofortprogramme ins Leben gerufen werden, so Bundeskanzlerin Merkel auf dem diesjährigen Ökumenischen Kirchentag. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz solle mehr Generationengerechtigkeit, aber auch mehr Planungssicherheit geschaffen werden.

Auf europäischer Ebene stehen konkrete Vorschläge der EU-Kommission zu Maßnahmen für verschärften Klimaschutz noch aus. Vorschläge sollen voraussichtlich im Juli folgen. Daher sieht das neue Klimaschutzgesetz eine Evaluierung im Jahr 2022 nach den europäischen Vorgaben vor. Ziel solle „ein guter koordinierter Instrumentenmix auf europäischer und nationaler Ebene sein“[1].

Frau Merkel sieht eine große Verantwortung auf Seiten der Industrieländer, da diese zum einen mehr CO2 ausstoßen würden und zum anderen mehr Mittel und Technologien zur Verfügung hätten, dem Klimawandel wirksam entgegen zu wirken.

Wird mit dem neuen Klimaschutzgesetz nun alles besser?

Das sagen Aktivist:innen und Expert:innen:

Luisa Neubauer, Klimaaktivistin der FridaysforFuture-Bewegung, sieht in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zwar einen großen Sieg, kritisiert aber, dass „auch die neuen Klimaschutzziele der Regierung nicht dem 1,5 Grad Ziel [entsprächen] und das [sei] natürlich paradox nachdem Karlsruhe entschieden [habe], dass sich die Regierung mehr am Pariser Abkommen orientieren [müsse]“[2]. Sie meint es müsse mehr mit Budgets gearbeitet werden, um überblicken zu können, was vorhanden ist und die „leeren Zielsetzungen der Zukunft“2 müssten ergänzt werden mit „tatsächlichen Emissionsreduktionen im Hier und Jetzt“2. Ein Bezug zum Pariser Abkommen sei immer wieder notwendig. Es gehe bei der Umsetzung der Klimaschutzziele auch vor allem um Vertrauenswiederherstellung, nicht nur in Deutschland, sondern interkontinental. Es müsse globale Solidarität bewiesen werden, indem die Klimafinanzierung erhöht wird und gezeigt wird, dass Deutschland Versprechen einhält. Hoffnung erhalte Neubauer dadurch, dass immer mehr Menschen erkennen würden, dass sie etwas bewirken können und sich als politische Stimme sehen. Immer mehr Menschen würden sich organisieren und dafür einsetzten, dass das was Karlsruhe und viele Wissenschaftler*innen immer wieder bestätigen auch umgesetzt wird.

Auch Klimaforscher Wolfgang Lucht sprach in einem Interview mit dem Nachrichtensender „Deutsche Welle“ über das neue Klimaschutzgesetz. Er bezeichnet es zwar als sehr signifikant und einen Schritt in die richtige Richtung, aber auch er ist der Meinung, dass das Gesetz bezogen auf das 1,5 Grad Ziel nicht ausreichend sei. Es sei nun entscheidend, nicht nur Ziele zu beschließen, sondern notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um die CO2-Emissionen tatsächlich zu reduzieren. Als Beispiel nennt er den Kohleausstieg, der nach seiner Meinung deutlich vor 2038 geschehen müsse.

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte: “Der Gesetzentwurf ist zwar deutlich besser als das bisherige Klimagesetz. Insbesondere die Verschärfung der Sektorziele bis 2030 ist zu begrüßen.  Aber besser ist noch nicht gut genug, denn der Entwurf bleibt immer noch hinter dem notwendigen Maß an Klimaschutz zurück”[3]. Die Bundesregierung müsse deutlich mehr tun, besonders dringend wären klar definierte Sektor- und Zwischenziele. Es müsse also nachgebessert werden, „weniger als Klimaneutralität bis 2040 darf dabei nicht herauskommen“3, so Bandt.

Frau Merkel entgegnete den Kritiken damit, dass viele Strategien zur Erreichung der Ziele bereits vorhanden seien. Sie sagte: „Es ist mehr Druck dahinter jetzt, es muss mehr Geld eingesetzt werden, aber die Methodik ist im Grunde klar, wie man das Ganze machen muss“2.

Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte gegenüber der Presse, dass es nie vorgesehen gewesen sei, Details über die Maßnahmen im Klimaprogramm festzulegen, sondern erst in darauf aufbauenden Gesetzen.

Wir sind gespannt, wann wir diese sehen dürfen und was sie beinhalten werden.

Quellen:


[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschutzgesetz-2021-1913672

[2] https://www.oekt.de/mediathek

[3] https://www.n-tv.de/politik/Klimagesetz-stoesst-auf-breite-Kritik-article22550506.html

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